Stell Dir vor, es ist Landesjugendtreffen...

Louis

Normalerweise beginnen LandesJugendTreffen, die immer an Wochenenden stattfinden, am Samstag. Das (vorerst) letzte fand in Erfurt statt und begann schon am Freitag. Deshalb waren wir auch am Freitag um 18.30 Uhr, dem Zeitpunkt des eigentlichen Beginns, erst knapp 30 Leute. Dies führte aufgrund von fehlender Satzungskenntnis bzw. einer nicht vorhandenen korrekten Satzung dazu, dass die Tagesleitung verkündete: „Wir sind nicht beschlussfähig‘‘. Sie dachten nämlich, es müssten 10 % des Landesverbandes, sprich 40 Leute, anwesend sein. Dies ist aber falsch. Laut Satzung müssen nur 20 Personen anwesend sein. Aufgrund dieses Irrtums begann die Sitzung erst 21.00 Uhr mit Ankunft des Jugendreferenten. Danach erfolgten die Wahlen für die Kommissionen (Tagesleitung, Protokollführung, Mandatsprüfungskommission, Antrags- und Wahlkommission). Damit war der erste Tag vorbei. Der einzige interessante Teil war aus meiner Sicht die Gesprächsrunde mit Kati Engel und Christian Schaft. Außerdem waren am Freitag Susanne Hennig-Wellsow und Steffen Dittes erschienen, letzterer hielt ein kurzes Grußwort. So erreicht es ein Jugendverband, sympathisch zu werden – indem man zu spät anfängt und bis in die Nacht tagt. Der nächste Tag begann dann genauso spannend: die Tagung startete erst gegen 14.00 Uhr, da zuvor noch allerhand Berichte und ein FLTI*(Frauen, Lesben, Trans- und Interpersonen)-Plenum und eine Mittagspause abgehalten wurden. Die satzungsändernden Anträge wurden ab diesem Zeitpunkt behandelt, in zwei Anträgen ging es um Änderungen zur Zusammensetzung des Koordinationsrates, eines Gremiums, das den Landessprecher*innenrat überwacht (so z.B., dass Mitglieder des LSP*Rs kein Stimmrecht im Koordinationsrat haben können). Nach langer Diskussion wurden beide abgelehnt. Der dritte Antrag war dagegen eine Farce sondergleichen: so stellte ein Personenkreis der Ortsgruppe Erfurt den Antrag, den Namen des Jugendverbands satzungswidrig um das Wort Schorschung (Schorsch ist der Spitzname von Georg Buder, Kandidat für das Jugendticket) zu ergänzen. Dieser Antrag zeigte mir, dass viele Leute offenbar denken: „Ach komm, wenn die Leute schon zwei Stunden anreisen, können sie doch nichts dagegen haben, sich um Anträge zu streiten, welche offensichtlich erkennbar satzungswidrig sind, denn wenn man so das LJT verlängert, es langweiliger und vor allem sinnloser macht, kann man sich dann beim nächsten wundern, warum keiner mehr kommt und dies auf inaktive Mitglieder schieben.‘‘ Nichtsdestotrotz ging es dann „normal“ weiter. Es wurde diskutiert, ob man die Amtszeit des Landesprecher*innenrates auf ein Jahr reduzieren sollte. Dies wurde abgelehnt, um die LSP*R-Wahlen zu beginnen. Man schaffte es über Umwege und „Entschließen in letzter Minute‘‘, diese Wahl auch bis etwa 21.00 Uhr zu strecken. Zwischen dieser Wahl und der folgenden zum Jugendticket erfolgten noch die Wahlen für Landeschiedskommission und Länderratsdelegierte. (Der Länderrat ist das Vermittlungsgremium zwischen den Landesverbänden). Der Ausgang der Jugendticketwahl war nicht unvorhersehbar, schließlich stand auf der Liste zur Sicherung der Mindestquotierung nur eine Kandidatin, auf der gemischten Liste nur drei. Unerwarteterweise wurden dann auf dem LJT in Erfurt zwei der Kandidaten, und zwar nicht knapp, in eine Stichwahl gewählt – diese waren zufälligerweise LSP*Rs aus Erfurt. Lustig zu erwähnen: man findet – bzw. ich finde – die Satzung nicht auf der Homepage, lese aber aus der gedruckten Version: „Das LJT wird vom Landesprecher*innenrat in Absprache mit dem KoRa einberufen‘‘. Als Mitglied des Koordinationsrates stelle ich fest, dass uns auf der letzten Sitzung gesagt wurde: „Ja, wir haben schon gebucht, ihr könnt jetzt dagegen abstimmen, aber dann sind die vorausbezahlten Gelder halt weg.‘‘ Das nennt man bei [ ́solid] „in Absprache einberufen. Die beiden waren auch bei der Sitzung zum Thema „Wann und wo LJT?“ anwesend und hatten allein 50 %, der Stimmen, da nur 4 Mitglieder des LSPRs anwesend waren. Doch jetzt wieder zur eigentlichen Wahl. Die entschied sich positiv für Georg Buder, ich vermute mal, weil ihm nahestehende Personen kurz vor Ende der Diskussion sich nochmal ordentlich gegen den anderen Kandidaten (Alexander Seyffert) wandten, Geschichten erzählten, die laut dessen Aussage anders abgelaufen sind. Sie fragten ihn zusammenhanglos, was denn in einem bestimmten Pflegegesetz stehen würde. Dies wurde dann noch mit ein paar Sätzen garniert, die nichts mit dem Gesetz zu tun hatten. Als er dann antwortete, wurde ihm erklärt, dass er keine Ahnung vom Gesetz habe und seine Kandidatur lieber sein lassen solle. Zu beobachten war auch, dass die „Fraktion Georg“ schon vor Bekanntgeben des Ergebnisses auf dessen Sieg trank. Also durch und durch eine interessante Wahl.
Zu erwähnen ist auch, dass Michel Triemer, aus Weimar kommend, der einzige der drei Kandidaten ist, der schon längere Zeit in der Partei aktiv ist und so das nach meiner Meinung gesündeste Verhältnis zur Partei hat. Doch mit all dem war dieser Abend auch irgendwann vorbei. Der Morgen des Sonntags zeigte mir dann, dass offensichtlich „Uhrenlesen‘‘ nicht mehr zu Kompetenzen gehört, über die man verfügen sollte. Ich dachte mir nämlich: „Oh, 10.00 Uhr Tagungsbeginn, da bin ich besser mal 9.50 Uhr da.‘‘ Gegen 10.30 Uhr waren wir gerade 19 Personen und damit noch nicht beschlussfähig. Viele Solids hielten es nicht für nötig, zu Wahlen zu erscheinen, für die sie selbst kandidieren. Schlussendlich fanden wir doch noch genügend Mitglieder und begannen die Tagung verspätet (wie immer), um uns dann mit sonstigen Anträgen rumzuschlagen, wie zum Beispiel dem Antrag, Sticker zu drucken, auf denen unten groß Landesarbeitskreis Sisyphos steht. Unter anderem wurde als erstes bemängelt, dass sich der LAK Sisyphos doch selber Sticker kaufen könne, wenn er LAK Sisyphos und nicht Linksjugend [ ́solid] draufschreiben will. Die Vertreter*innen des LAK entgegneten schnell: natürlich schreiben wir da Linksjugend noch mit drauf‘‘. Danach wurden, mit den „interessanten Motiven‘‘ begründet, trotzdem alle Sticker abgelehnt, damit wir uns danach noch mit verschiedensten Anträgen beschäftigen durften, so z.B. einem zum Thema „Zahlt euren Katholikentag selbst!“, welcher angenommen wurde.
Nach insgesamt zwei Tagen voller wundervoller Anträge, Diskussionen und vor allem Satzungskenntnis wurde das LJT mit dem Singen der Internationale beendet – eine, wie ich finde, gute Idee, welche man ja auch auf Landesparteitagen umsetzen könnte.