Rede zur Sozialpass-Satzung (zu Protokoll)

Hubert Krawczyk

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
der Sozialpass beging kürzlich seinen 20. Geburtstag. 1996 hatte die damalige PDS-Fraktion die Einführung eines Sozialpasses in Rudolstadt angeregt. Daraufhin erstellte der Bürgermeister einen Durchführungsvorschlag, der im Kultur- und Sozialausschuss beraten wurde. Danach brachte der Ausschuss folgenden Antrag in den Stadtrat ein: „Der Stadtrat Rudolstadt beschließt die Einführung des Sozialpasses für einkommensschwache Bürger der Stadt Rudolstadt zum 1.7.1996.“
Am 6.6.96 wurde der Beschluss 423-26/96 einstimmig gefasst und meinte selbstverständlich auch einkommensschwache Bürgerinnen. Das Budget dafür wurde damals mit jährlich 50 TDM zuzüglich einer halben Personalstelle veranschlagt.

2009 fasste der Stadtrat die Sozialpass-Satzung neu. Die wesentlichen Änderungen lagen in der Neubestimmung des Kreises der Anspruchsberechtigten, dem Wegfall der ÖPNV-Vergünstigungen und der Festsetzung eines Dauerkartenpreises für das tff für Erwachsene auf 10 €. Die Folge waren der Rückgang der Inanspruchnahme des Sozialpasses von anfänglich etwa 1.000 auf etwa 300-350 Personen und der Rückgang der Ausgaben auf ca. 10 T€.

Die Vergünstigungen bei städtischen Gesellschaften sowie Verbänden und Vereinen bestanden natürlich weiterhin. Sie sind nach wie vor interessant für alle Anspruchsberechtigten, die am gesellschaftlichen Leben in der Stadt teilnehmen wollen. Außerdem können die Sozialpassinhaber seit einigen Jahren auch Vergünstigungen im Städtedreieck wahrnehmen, also auch in Saalfeld und Bad Blankenburg.
Kernpunkt der heute dem Stadtrat vorgelegten Änderungen ist die dynamische Erhöhung des Dauerkarten-Preises für das Rudolstadt-Festival auf 50% – aktuell heißt das 20 €. Realistischerweise wirbt der Bürgermeister im Antrag nicht mit der Notwendigkeit, Haushaltsausgeben kürzen zu müssen – die zu erwartende Minderausgabe für den städtischen Haushalt beträgt lediglich ca. 3 T€.

Deshalb wurde im Antrag eine andere Intention der Ziele gewählt, die auch vom Kultur-und Sozialausschuss gebilligt wurde: Die „dynamische Anpassung der Preise an die Eintrittspreise des Rudolstadt-Festivals und eine adäquate, aber soziale Beteiligung der Sozialpassinhaber für das Leistungsangebot des Festivals.“

Was bedeutet das aber? Das erste Ziel schreibt sozial Schwachen willkürlich einfach eine höhere Leistungsfähigkeit zu. Für Viele mögen 10 € mehr nicht viel sein, gilt das aber auch für Sozialpassinhaber? Im Jahr 2009 betrug der ALG-II-Regelsatz 359 €. Er ist seitdem in 7 Jahren um sensationelle 10 % gewachsen, nämlich auf 404 €. Er wurde für dieses Jahr auf Basis der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2008 und nicht der letzten, der 2013er Stichprobe berechnet. Selbst mit dem noch eingearbeiteten Korrekturfaktor bekommen ALG-II-Empfänger in diesem Jahr Leistungen auf Basis ihrer geringeren Lebenshaltungskosten früherer Jahre. Aus staatlichen Statistiken gehen aber solche Zusammenhänge gar nicht hervor.

Zum zweiten Ziel: Das veranschlagte Budget des Festivals 2016 liegt bei 2.680 T€, an Eintritten wurden für 2016 1.700 T€ geplant. Somit würde der höhere Kostenbeitrag der Sozialpassinhaber die Einnahmen um 0,18 % steigern. Einen Einfluss auf das mögliche Leistungsangebot und den Erfolg des Festivals hat dies nicht. Aus diesen Gründen identifiziere ich mich auch mit den genannten Zielen nicht.

Gleichfalls wende ich mich gegen das Kreislaufsystem des Leistungsabbaus für Menschen mit niedrigem Einkommen. Erst kürzlich hat der Kreistag gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE die Abschaffung des Essengeldzuschusses beschlossen. Bestandteil der Begründung dafür war auch die Feststellung, ähnliche Beschlüsse seien in Rudolstadt und Saalfeld schon gefasst worden. Dass das sogenannte „Teilhabepaket“ nur für einen Teil der Betroffenen einen Ausgleich bietet, wurde dabei von der Mehrheit beiseite gewischt.

Ich lehne den Antrag zur Änderung der Sozialpass-Satzung ab.

Hubert Krawczyk