Kreistag für die Tonne?
Keine hauptamtliche Vertretung für den Landrat, dafür Kommunalpolitik für die (gelbe) Tonne bei zu dünnen Säcken, die auch dicker sein könnten
In einer Zeitung hieß es sinngemäß, gegen die Harmonie in der konstituierenden Kreistagssitzung sei es in der Nationalen Front der DDR wie in einem aufgescheuchten Hühnerhaufen zugegangen. Unsere Fraktion hatte in der zweiten Kreistagssitzung Anlass, die Harmonie zu stören. Im Gegensatz zu allen anderen sahen wir es nämlich als geboten an, den Tagesordnungspunkt „Wahl des ersten ehrenamtlichen Beigeordneten“ nicht zu behandeln und beantragten, natürlich erfolglos, ihn von der Tagesordnung zu nehmen. Zur Begründung konnte ich das Sitzungsprotokoll vom November 2014 heranziehen, denn schon damals war ich der Meinung, dass der Landrat einer Behörde mit über 500 Mitarbeitern eines hauptamtlichen Vertreters bedarf. Dessen Abschaffung wurde seinerzeit mit der bestehenden Haushaltssperre und dem anstehenden Investitionsstau begründet. Die finanzielle Lage des Landkreises hat sich seitdem verbessert und Investitionsstau gibt es immer. Ginge es nach letzterem, so hätten die Städte Saalfeld und Rudolstadt nie hauptamtliche Beigeordnete haben dürfen. Und bekanntlich hat auch ein Landrat Anspruch auf Urlaub oder kann aus anderen Gründen für längere Zeit ausfallen. In dieser Zeit ist die dauerhafte Anwesenheit seines Vertreters notwendig. Ist dies nicht so, können sich Folgen ergeben, die ich in der April-Ausgabe des Anstoß‘ im Beitrag „Ist der Landrat im Urlaub…“ beschrieben hatte.
Auch die Kosten taugen nicht als Argument gegen einen hauptamtlichen Beigeordneten. 2014 war von einer Einsparung von ca. 115.000 € die Rede. Diese Zahl war schon damals falsch, denn die Stelle eines hauptamtlichen Beigeordneten ist nicht in dieser Höhe extra zu bezahlen. Dieser hätte – ebenso wie bisher – ein bestimmtes Fachgebiet zu leiten. Käme er aus dem eigenen Hause, fielen für diese Leitungsstelle Personalkosten aber sowieso schon an. Eingespart würde deshalb nur die Differenz zur höher eingeordneten Stelle des Beigeordneten. Das dürfte etwa ein Viertel des o.g. Betrags sein. Aber auch diese Einsparung wird noch geschmälert – der zusätzliche ehrenamtliche Beigeordnete erhält mittlerweile ca. 8.500 € jährliche Aufwandsentschädigung, die der Einsparung gegenzurechnen ist.
Wenn nun bei einem minimalen finanziellen Nutzen eine Behörde von mehr als 500 Mitarbeitern und einem dreistelligen Millionen-Haushalt in Vertretung des Chefs ehrenamtlich geleitet werden soll, muss es andere, sicher gewichtigere Gründe geben…
Wenn in der zweiten Sitzung auch die Wahl und die Bestellung der Kreistags- und Landkreisvertreter in die zahlreichen Gremien die meiste Zeit in Anspruch nahm – als möglicherweise folgenreichster Tagesordnungspunkt für die Einwohnerinnen und Einwohner unseres Landkreises kann durchaus der Antrag der CDU-Fraktion auf Einführung der Gelben Tonne als Ersatz für den gelben Sack gesehen werden. Der Antrag wurde wie folgt begründet: „Die Verwendung der Gelben Säcke für die Erfassung von Verpackungsabfällen wird aufgrund der schlechten Beschaffenheit der Säcke zunehmend kritisiert. Die Gelben Säcke sind sehr dünn und reißen dementsprechend schnell, häufig schon beim Abtrennen von der Rolle. Darüber hinaus tragen beschädigte Gelbe Säcke zur Verunreinigung durch Plastvermüllung bei und sind eine große Quelle für „Mikroplastik“ in unserer Flora und Fauna. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch den Wechsel vom Gelben Sack zur Gelben Tonne eine Verbesserung der aufgezeigten Missstände zu erwarten ist.“
Absprachegemäß wurde der Antrag zur Beratung mit Vertretern des ZASO in den Kreisentwicklungsausschuss verwiesen. In Anbetracht der noch bevorstehenden vielen Tagesordnungspunkte war im Saal der Drang nach Beendigung des Themas so groß, dass ich mir mein Recht auf Wortmeldung regelrecht erkämpfen musste. Ich hielt es durchaus für nötig, zwei Bemerkungen zu machen. Erstens soll bis zur Ausschusssitzung geprüft werden, ob denn anstelle der in der Tat sehr dünnen Gelben Säcke etwas dickere eingesetzt werden können. Solche sind am Markt verfügbar. Dann könnte die grundlegende Umstellung des Entsorgungssystems für die Verpackungen auf eine Tonne unterbleiben, deren Verwendung ja auch nicht unproblematisch ist. Darüber hinausgehend sollte zweitens in die Beratungen die Möglichkeit der Einführung einer Wertstofftonne für die Sammlung des gesamten Wertstoffabfalls (Kunststoffe, Metall, Verbunde) und nicht nur für Leichtverpackungen einbezogen werden. Ich bin auf die Diskussionen gespannt.
Hubert Krawczyk, Fraktionsvorsitzender