Zum Bericht des Leiters der LPI über die Sicherheitslage im Landkreis
Der Leiter der Landespolizeiinspektion (LPI) Gunter Turtenwald berichtete in der Kreistagssitzung am 12.10. über die Sicherheitslage im Landkreis. Dabei äußerte er sich auch zu den nicht angemeldeten und ohne Versammlungsleiter durchgeführten „Hygienespaziergängen“ im Städtedreieck. Seinen Angaben zufolge gab es für die Polizei keine Sicherheitsprobleme, ansonsten wurden diese Veranstaltungen in Übereinstimmung mit deren „rechtlicher Würdigung“ in den „Anwendungshinweisen Hygienespaziergänge“ des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 6. Mai behandelt.
Zur Erläuterung: Als „Anwendungshinweise Hygienespaziergänge“ teilte das Ministerium den Landratsämtern in einem Rundschreiben mit, dass sich derartige Formen von Versammlungen unter anderem durch fehlende vorherige Anmeldung bei der zuständigen Behörde kennzeichnen. Sie stehen unter dem Schutz des Art. 8 GG als öffentliche Versammlung unter freiem Himmel, ungeachtet davon, ob der Initiator darauf hinweist, es handele sich gerade nicht um eine solche Versammlung. Diese Versammlungen ohne Anmeldung gemäß § 14 Versammlungsgesetz sind in aller Regel wie Eilversammlungen zu behandeln. Allein wegen der regelmäßig fehlenden Anmeldung kann eine solche Versammlung nicht aufgelöst werden, es müssen zusätzliche versammlungsspezifische Gefahren (z.B. Verstöße gegen das infektionsschutz-rechtliche Abstandsgebot) hinzukommen. Regelmäßig sind solche Versammlungen auch ohne Anmeldung nach Maßgabe des überragenden Bedeutungsgehaltes des Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit) von der Versammlungsbehörde/Polizei bei friedlichem Verlauf zu dulden.
Unser Eindruck ist: Das Versammlungsgesetz interessiert das Ministerium demzufolge offenbar nicht. §26 Absatz 2 lautet nämlich: „Wer als Veranstalter oder als Leiter eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel … ohne Anmeldung (§14) durchführt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Es war bei den bisherigen Hygienespaziergängen aber nicht nur die fehlende Anmeldung, sondern zusätzlich das Fehlen des laut mehrerer Paragrafen des Versammlungsgesetzes erforderlichen Versammlungsleiters, das zur Auflösung der Versammlung hätte führen müssen. Herr Turtenwald bezeichnete diese Auffassung wörtlich als nachvollziehbar. Er informierte auch, dass Versammlungen aktuell nur noch in Saalfeld und Rudolstadt stattfänden, sie würden in Saalfeld nunmehr auch angemeldet.
Das führte zwangsläufig zur Frage, ob denn die Polizei in Rudolstadt wegen Verstoßes gegen §26 Versammlungsgesetz ermittelt. Der Kreistag erhielt darauf die erstaunliche Antwort, dass es der Polizei in Rudolstadt noch nicht gelungen sei, einen Ansprechpartner zu ermitteln.
Zusammenfassend stellt die Fraktion DIE LINKE fest, dass sich die Polizei im Landkreis von der Empfehlung des Thüringer Innenministeriums offenbar unter Druck gesetzt sieht und deshalb seit Wochen offensichtliche Verstöße gegen das Versammlungsrecht duldet.
Hubert Krawczyk
Vorsitzender Kreistagsfraktion DIE LINKE