Erfurter Programm beschlossen

Birgit Pätzold

Lange haben wir darüber diskutiert. Hunderte Ergänzungs- und Änderungsvorschläge wurden eingereicht. Dann endlich lag ein Programmentwurf vor, der an die Delegierten des Bundesparteitages verschickt wurde – und die nächste Antragsflut auslöste. Dem Parteivorstand gelang es schließlich, für einige besonders sensible Themenfelder Kompromisse zu finden, mit denen fast alle leben konnten. Anschließend ging die Antragsberatungskommission an die Arbeit. Dem Bundesparteitag lag dann neben den vorab mit der Post verschickten Antragsheften 1 (78 Seiten), 2 (68 Seiten), 3/1 und 3/2 (267 Seiten) und 4 (123 Seiten) ein Abstimmheft für das Programm vor (111 Seiten) und zusätzlich eins für die neue Bundessatzung. Insgesamt also weit über 500 Seiten A4 – dicht bedruckt, zweispaltig. Mit den beiden Abstimmheften ließ sich gut arbeiten. Nur leider nicht ganz so schnell, wie es der Zeitplan vorsah. Dieser wurde dann auch notgedrungen geändert und letztlich auch der für Sonnabend geplante Tanzabend gestrichen. Ersatzweise gab's ein wesentlich später beginnendes gemütliches Beisammensein. Die Tagungszeit betrug in Summe ziemlich genau 30 Stunden – 3 harte Tage! Aber wir haben es geschafft! Die im Parteivorstand ausgehandelten Kompromisse wurden jeweils von zwei Vorstandsmitgliedern vorgestellt, die ursprünglich entgegengesetzte Meinungen vertreten hatten und nun gemeinsam für den gefundenen Kompromiss warben. Alle diese mühsam gefundenen Kompromisse hatten Bestand: Israel, Erwerbsarbeit, Öffentlicher Beschäftigungssektor, Bedarfsorientiertes Grundeinkommen, Friedenspolitik und Nato sowie Regierungsbeteiligungen (Reihenfolge nach Reihenfolge im Programm). Ansonsten gab's aber doch noch einige Änderungen. Letztlich stimmten die Delegierten dem gemeinsam erarbeiteten Programmentwurf mit überwältigender Mehrheit zu: 503 ja-Stimmen (96,9 %) bei 4 Gegenstimmen und 12 Enthaltungen. Neben dem Abstimmungsmarathon zum Programm wäre die Bundessatzung fast auf der Strecke geblieben. Da wurden dann auch nur die Dinge entschieden, die nicht bis zum nächsten Parteitag Zeit hatten. Die Diskussionen waren über lange Strecken richtig spannend – dazu kamen noch echte Highlights mit den Reden von Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und den beiden Parteivorsitzenden. Ich hoffe, ihr habt bei Phoenix oder im Internet vieles miterleben können. Vom 17. November bis 15. Dezember 2011 wird es einen Mitgliederentscheid zur Bestätigung des Programmes geben. Abgestimmt wird über folgenden Text: "Ich stimme dem auf der 2. Tagung des 2. Parteitages der Partei DIE LINKE am 23. Oktober 2011 in Erfurt beschlossenen Programm der Partei DIE LINKE zu." Ihr werdet also alle bald Post bekommen.

Auf dem Landesparteitag in Sömmerda am ersten November-Wochenende wurde über die weitere Arbeit mit dem Programm beschlossen. Dazu gehört, in den Gliederungen und Gremien des Landesverbandes die Schwerpunkte unserer neuen Programmatik vorzustellen, einen breiten öffentlichen Dialog zu den politischen Vorschlägen und Angeboten zu führen, die sich aus unserer Programmatik ergeben, unser Programm unter sich verändernden gesellschaftlichen und politischen Bedingungen umzusetzen und weiterzuentwickeln. Der Landesparteitag empfiehlt den Mitgliedern unseres Landesverbandes die Annahme des Programms der Partei DIE LINKE in der Urabstimmung und hebt noch einmal besonders die im Programm entwickelte gesellschaftliche Vision hervor: „Diese Vision setzt die Abschaffung von Kriegen, den Stopp der Zerstörung unserer Umwelt, der natürlichen Lebensgrundlagen ebenso voraus wie die Beseitigung von Ausbeutung und Unterdrückung, von Diskriminierung, von Hunger, Armut und Unterentwicklung. Sie wird nur über den Weg einer umfassenden Demokratisierung aller Lebensbereiche möglich. Sie ist Utopie und Realismus zugleich. Unser Ziel eines Demokratischen Sozialismus im 21. Jahrhundert ist eine herrschaftsfreie Gesellschaft in der alle Menschen menschenwürdig leben können.“